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Als im Frühjahr
1953 mit dem Moped eine völlig neue Fahrzeugkategorie auftauchte,
mußten alle die Leute aufatmen, die bis dahin ihr braves Tourenfahrrad
mit einem Hilfsmotor "selbstbeweglich" und dabei doch immer wieder schlechte
Erfahrungen gemacht hatten.
Die ehemaligen Tretomobile nämlich
konnten wohl die menschliche Muskelleistung von 0,2 bis 0,3 PS, nicht aber
die etwa fünffache Leistung der sogenannten "Himots" auf Dauer ungestraft
verkraften. Von der harmlos gebrochenen Speiche bis zum immer sehr riskanten
Vordergabelbruch war damals für den "hilfsmotorisierten" Fahrer alles
drin, und so war es schon ein wesentlicher Fortschritt, als sich die deutsche
Zweirad - Industrie zum Moped - Sonderfahrzeug durchgerungen hatte. Von
zwei Seiten aus wurde diese Entwicklung vorangetrieben. Einmal waren es
bekannte Motorradwerke, die dem Radfahrer von oben her entgegenkamen; Sie
hatten ihm einen kleinen Motor in ein abgemagertes Leichtmotorrad (allerdings
mit dem behördlich vorgeschriebenen Pedalantrieb) ein. Zum andern
waren es Fahrradfirmen, die ihre Rahmen stabiler machten, einen Tank mehr
oder weniger sinnvoll in die Gesamtkonstruktion einbezogen und sich von
irgendwoher auch das Triebwerk (mit maximal 50 ccm Hubraum) besorgten.
Überaus bedauerlich war es
zu diesem Zeitpunkt allerdings, daß dem Moped von offizieller Seite
zwar auch die schon recht leistungsfähige 50-ccm-Maschine, aber sonst
beileibe nichts motorradmäßiges, und vor allem nur ein Maximalgewicht
des betriebsfähigen Fahrzeugs (ohne Werkzeug und Tankinhalt) von 33
Kilogramm und leider nur rein fahrradmäßige Räder zugestanden
wurden. |
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Das mußte - schon rein
gewichtsmäßig - wiederum schiefgehen, und wenn die meisten verantwortungsbewußten
Firmen auch nur daran Gewicht sparten, wo erfahrungsgemäß kaum
etwas ins Auge gehen konnte, also etwa beim Mittelständer, beim 'Kotgeflügel'
und so weiter, dann kamen damals doch hier und da gar zu spinnige Maschinchen
heraus, die beispielsweise bei forcierter Bergabfahrt unerwartet schnell
ins Vibrieren gerieten und auch von erprobten Fahrern nicht mehr zu halten
waren. |
Noch kritischer wurde die Geschichte,
als einige Firmen den Rennfahrer - Gelüsten der erstmals motorisierten
jungen Leute mit sogenannten Sportversionen entgegenkamen. Andere Werke,
die von Anfang an der einzig richtigen Auffassung gewesen waren, daß
das Moped den letzten Fußgänger und den letzten Radfahrer auf
billigste, bequemste und wirtschaftlichste Art motorisieren müsse,
und die daher nicht zu spritzige, aber grundsolide Mopedmodelle mit unwahrscheinlich
langer Lebensdauer gebaut hatten, mußten den neuen Trend - mindestens
mit einem Nebentyp - mitmachen. Sie waren ganz einfach dazu gezwungen,
wenn sie absatzmäßig gegenüber der leichtfertigeren Konkurrenz
nicht gar zu sehr ins Hintertreffen geraten und ihren Werksangehörigen
die Arbeitsplätze erhalten wollten. |
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Erschwerend bei dieser unerwarteten
'Rennfahrer- Nachwachsförderung , kam dann unglücklicherweise
auch noch hinzu, daß die jungen Leute von sich aus ihre Auspufftöpfe
ausräumten. Sie hatten nie etwas von der Weisheit des alten James
Watt 'Krach ist nicht Kraft' gehört, und sie waren technisch meistens
auch nicht so weit vorgebildet, um zu wissen, daß beim Zweitakter
der Auspuff - Staudruck ein gewisses Steuerungselement ist, ohne den die
Leistung hoffnungslos absinken muß. Der ideelle Schaden, den diese
jungen 50-ccm-Fahrer bei ihren Rennen um Hausecken und erschreckte Straßenpassanten
herum anrichteten, ist so schnell wahrscheinlich überhaupt nicht mehr
gutzumachen. |
Mit Beginn des Jahres 1957 entfielen
dann endlich die befehdeten Gewichtsbeschränkungen, während auf
der anderen Seite die enge Verwandtschaft zum Fahrrad durch Festlegung
der Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h unterstrichen wurde. Später,
nachdem auch die ursprünglich vorgeschriebenen fahrradmäßigen
Radgrößen in Fortfall gekommen waren, fiel man behördlicherseits
bedauerlicherweise auch gleich wieder ins andere Extrem, als man diesem
neuen Mopedtyp die Sozius- oder Sozia-Reife bescheinigte. |
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Das war eine unglückliche
Maßnahme, denn diese Reife ist nach Ansicht alter Fachleute hier
nicht hundertprozentig gegeben, denn ein Einspurfahrer auf einem so leichten
Gefährt, der einen Mitfahrer (auch nur) von etwa gleichem Körpergewicht
durch die Gegend oder den Stadtverkehr schlenkert, gefährdet sich
selbst, den Sozius oder die Sozia und andere, wenn seine Füße
auf den nachgebenden Pedalen keinen sicheren und festen Halt haben. |
Nach der Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung
vom l. August 1960 konnte auf der IFMA des gleichen Jahres eine vö11ig
neue Fahrzeugkategorie gezeigt werden. Sie wurde vom Gesetzgeber als "Kleinkraftrad
mit einem Hubraum des Motors von nicht mehr als 50 ccm und einer durch
die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40
km/h und den dauerabgeblendeten Scheinwerfer" gekennzeichnet. Auf den ersten
Blick mußte das ganz nach einer neuen - aber nichts Neues bringenden
- Definition des klassischen Mopeds aussehen.
Das war es glücklicherweise
nicht, denn die für das Moped vorgeschriebenen Pedale waren hier unter
den Tisch gefallen und durch zuverlässig sichere Fußraster ersetzt
worden. Der ebenfalls für das klassische Moped vorgeschriebene Mindestdurchmesser
des Hinterrades von 580 mm war gestrichen. Das erlaubte immerhin den Einbau
noch weicherer und langhubigerer Federungen und damit eine wesentliche
Aufstockung des Fahrkomforts. Der Schwerpunkt verlagerte sich nach unten;
vor allem hatten die neuen Mokicks jetzt einen völlig motorradmäßigen
Kickstarter. |
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Bei der Aufstellung dieser Mokick-Parade
haben wir weitaus weniger Mühe als früher bei den bekannten 'hobby'
- Moped - Paraden gehabt. Damals bauten bei uns rund 50 Werke etwa 150
Mopedtypen, wobei man sehr genau unterscheiden mußte, daß der
Typ X der Firma Y entweder mit einer oder zwei Ketten, weiter mit einem
Gang, mit zweien oder dreien geliefert wurde. Wie es etwa von 1955 an in
Schwung kam, ist man jetzt unter dem verschärften Wettbewerb bei den
Moped- und Mokick-bauenden Firmen zu dem immer schon sehr nützlichen
Baukastenprinzip übergegangen, so daß also die Firmen zumeist
einen Moped-Typ bauen, der maschinell und fahrgestellmäßig völlig
unverändert auf die neue Mokick-Tour umgelegt werden kann. |
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Noch am Band wird mit wenigen
Handgriffen vom Pedal - Moped auf Fußraster - Kickstarter-Mokick
umgeschaltet. Und am gleichen Band wird dann auch ohne großen technischen
und arbeitsmäßigen Aufwand das Mokick auf reine Fahrtwind -
oder auf Gebläsekühlung hergerichtet.
Die Unterschiede in der Gangzahl
sind beim Mokick ausgeräumt worden, denn praktisch alle ernstzunehmenden
Firmen haben sich heute auf drei Gänge eingestellt. Ein sehr bedeutendes
deutsches Werk, das bei seinen Mopeds und Mokicks vorübergehend ein
Viergang - Getriebe verwendete, hat sich mittlerweile von dieser Extravaganz
wieder zurückgezogen. |
Verkaufsbarometer der Zweiradindustrie
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1959
|
1960
|
1.Quart. 1961
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Fahrräder |
1.604.319
|
1.675.491
|
438.000
|
Mopeds |
406.563
|
407.307
|
46.783
|
Mokicks |
-
|
18.368
|
24.200
|
Motorräder |
43.171
|
89.194
|
35.840
|
Motorroller |
67.120
|
72.844
|
15.254
|
Summe |
2.121.173
|
2.263.204
|
560.077
|
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Übericht in Deutschland
produzierter Mokicks
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Firma |
Typ |
Motor |
PS
u/min |
Rahmen |
Tank
ltr. |
Reifen |
Gewicht
kg |
Preis
Gebläse |
Preis
Fahrtwind |
Dürkopp |
Dianette |
Dürkopp |
2,0/4500 |
Preß |
7 |
23x2.5
21x2,75 |
65 |
- |
875,- |
Goebel |
GS 8
GS 8 L |
Sachs |
1,8/4500 |
Preß |
7 |
21x2,75 |
60 |
-
944,- |
915,-
- |
Göricke |
343 K
345 K |
Sachs |
1,8/4500 |
Preß |
7
11 |
21x2,75 |
66 |
-
940,- |
920,-
- |
Gritzner - Kayser |
i.V. |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
Hercules |
220 MK
220 MKL |
Sachs |
1,8/4500 |
Preß |
8,5 |
23x2,5
21x2,75 |
66
67 |
-
908,- |
888,-
- |
Kreidler |
Florett |
Kreidler |
2,0/4000 |
Preß |
9,2 |
23x2,50 |
70 |
916,- |
- |
Maico |
i.V. |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
- |
NSU |
TTK |
NSU |
2,0/5000 |
Rohr |
11,8 |
v:23x2,25
h:23x2,50 |
70 |
- |
878,- |
Panther |
M 60 |
Sachs |
1,8/4500 |
Rohr |
10 |
21x2,75 |
70 |
935,- |
905,- |
Rabeneick |
Starkick |
Sachs |
1,8/4500 |
Preß |
8,5 |
21x2,75 |
66 |
940,- |
920,- |
Rex |
Riva |
Rex |
1,5/4500 |
Preß |
10 |
21x2,75 |
68 |
- |
935,- |
Rixe |
Derby B |
Sachs |
1,8/4500 |
Rohr |
7,5 |
21x2,75 |
75 |
933,- |
- |
Staiger |
Feuervogel IV |
Sachs |
1,8/4500 |
Preß |
8,5 |
21x2,75 |
62 |
950,- |
- |
Zündapp |
Sport - Combinette |
Zündapp |
2,6/4500 |
Rohr |
11,5 |
21x2,75 |
74 |
978,- |
958,- |
Zweirad - Union |
DKW Hummel Super
DKW Hummel 115 |
ZU |
2,0/4950 |
Preß |
5,8
6,2 |
23x2,50
20x2,75 |
65
78 |
910,-
998,- |
-
- |
Zweirad - Union |
Expreß - Carino
Expreß - Super |
ZU |
2,0/4950 |
Preß |
8,4
6,3 |
23x2,50 |
70
65 |
920,-
910,- |
-
- |
Zweirad Union |
Victoria Avanti
Vicky Super
Victoria 115 |
ZU |
2,0/4950 |
Preß |
8,4
6,3
6,2 |
23x2,50
"
20x2,75 |
70
65
78 |
920,-
910,-
998,- |
-
-
- |
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Für eine Extravaganz hielt
man es auch, als die Zweirad - Union A.G., in der seit rund zweieinhalb
Jahren die seit eh und je berühmten Marken DKW, Expreß und Victoria
zusammengeschlossen sind, ihre 50 ccm - Fahrzeuge teilweise - also die
Victoria Avanti, die Victoria 115, die DKW Sport - Violetta, die DKW Hummel
115 und die Expreß - Carino - mit Fußschaltung ausrüstete.
Inzwischen hat sich gezeigt, daß dieses Schaltsystem gerade bei den
Leuten gut ankam, die früher Motorrad fuhren, heute einen Wagen und
daneben ein möglichst wendiges und wirtschaftliches Zweitfahrzeug
für den schnellen Stadtverkehr wünschen. |
Auch bei anderen, die mit der
Drehgriffschaltung nie völlig zufrieden gewesen sind, hat man sich
über die ernsthaft motorradmäßige Fußschaltung gefreut.
Die deutschen Moped- und Mokick - Firmen sind, soweit sie heute noch produzieren,
mit den Füßen auf dem Boden geblieben und haben PS - mäßig
nichts übertourt. Aber das eine oder andere Werk spricht in seinen
Prospekten neuerdings von einer "Startleistung", um sich wenigstens auf
dem Papier vor der Konkurrenz ein wenig in den Vordergrund zu schieben.
"Startleistung" aber ist ein Begriff, der sich in keiner DIN - Norm oder
TÜV - Bestimmung findet und dem im praktischen Fahrbetrieb nichts
anzufangen ist. Ein noch kalter Zweitakt-Motor jubelt naheliegenderweise
schnell hoch, er fällt dann beim ersten Wärmerwerden aber leistungsmäßig
wieder auf die Werte ab, von denen der Fahrer auf die Dauer seinen Nutzen
hat. |
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Autor: Hans Günther Wolf
Quellenangabe: Bilder und Text
dieses Artikeles entstammen der Zeitschrift "Hobby", Ausgabe 06 / 1961.
Der Artikel wurde redaktionell leicht überarbeitet.
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