Auf allen Strassen der Welt
Kreidler in aller Welt : Export - Modelle

Das schnelle 50 ccm - Motorrad (ohne Geschwindigkeitsbegrenzung) ist eine europäische Spezialität, meines Wissens dürfte der Hauptmarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in kleinerem Umfang auch Frankreich und Italien, gewesen sein. Weil dieser Markt sehr begrenzt war und nur verhältnismässig kleine Stückzahlen erwarten liess, haben sich die japanischen Hersteller nicht besonders dafür interessiert. Im Wesentlichen wurde in den 70er Jahren der Markt in Deutschland von Kreidler, Zündapp und Hercules - Sachs abgedeckt, dazu kamen die Importeure von KTM und Puch. Als einziges japanisches Fabrikat war die Honda SS 50 (mit 4 - Takt Motor) noch in grösseren Stückzahlen vertreten, die aber leistungsmäßig nie an die europäischen Fabrikate herankam. 

Vespa und Maico spielten bei den schnellen 50ern nur eine Nebenrolle, bei den Mokicks war der Vespa - Roller aber sehr beliebt. Im Moped- und Mokick - Segment tummelten sich in den 50er  und 60er Jahren sowieso etliche Hersteller, die meisten Konfektionäre mit Sachs- oder Ilo - Motoren, grössere Stückzahlen setzte damals lediglich die Zweirad - Union (ein Zusammenschluss von DKW, Victoria und Express, später von Hercules übernommen) ab.

Natürlich wurde das Kreidler Florett in viele Länder exportiert. Und dazu musste es den jeweiligen Zulassungs- und Führerscheinbestimmungen der Länder angepasst werden, um den Zielgruppen, also vor allem den 16 - 18 - Jährigen, zugänglich zu werden. Ausserdem sollte das Florett möglichst ohne oder mit einem einfachen Führerschein zu fahren sein, denn auf dem Markt der hubraumstarken Motorräder hätte es wenig Chancen gehabt.

Leider ist es hier in Deutschland nicht so einfach, etwas über die Kreidler - Exportmodelle zu erfahren. Nach 1966 sind in den deutschen Ersatzteillisten nur noch die Inlandsmodelle aufgeführt, und Export - Prospekte sind hier naturgemäß Raritäten. Immerhin habe ich einen dänischen Prospekt von 1977 und eine Export - Bedienungsanleitung von ~ 1973 in Fredericia (DK) auf dem Teilemarkt bekommen, und auf einigen Webseiten waren auch andere Exportmodelle abgebildet, wie z.B. die Schweden - RS und die Holland / Belgien - Prospekte von 1968. (Sorry, ich hatte mir die genauen Quellen nicht notiert und finde sie im Moment auch nicht im Web wieder, aber das hole ich sobald wie möglich nach.)

Von einigen Exportländern habe ich hier die Besonderheiten - soweit ich sie feststellen konnte - zusammengestellt, doch zuerst, vor allem auch für die vielen Fahrer/Innen von Exportmodellen, zum Vergleich die deutschen Bestimmungen.
 

Führerschein - Bestimmungen in (West-)Deutschland
Mit 16 durfte man fahren: 

- führerscheinfrei das Moped mit maximal 50 ccm, 40 km/h, 2 Sitze, Pedalen, Dauerabblendlicht 15W, Klingel
Zulassung : steuer- und zulassungsfrei, Versicherungskennzeichen 
- mit Führerschein Klasse 4 : Kleinkraftrad mit maximal 50 ccm, ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, 
Zulassungspflichtig (--> "kleines Nummernschild"), Steuerfrei

ab 01.04.1961 war für das Moped der Führerschein Klasse 5 notwendig (Fragebogen), gleichzeitig entfiel der Pedalzwang ---> Mokick ( = Moped mit Kickstarter), bis 40 km/h 

Ab 1968 wurde das Mofa eingeführt, bis 50 ccm, bis 25 km/h, steuer und Zulassungsfrei, Pedale, führerscheinfrei ab 15 Jahren (Kreidler Mofa, Flory - Modelle)

Erst zum 1.4.1980 wurden die Führerscheinbestimmungen wesentlich geändert:

Mofa : man braucht jetzt eine Prüfbescheinigung (Fragebogen ausfüllen)
Moped / Mokick : Dazu braucht man ab jetzt den Führerschein Klasse 4 (Fragebogen)
Kleinkraftrad / Leichtkraftrad : Mit dem Führerschein Klasse 1b (Fragebogen und praktische Prüfung) darf man entweder die schnelle 50 ccm fahren oder das neue "Leichtkraftrad" mit maximal 80 ccm, 80 km/h, steuerfrei, zulassungspflichtig (---> "kleines Nummernschild")

Seitdem spielt die schnelle 50er in Deutschland keine wesentliche Rolle mehr, die Versicherungsprämie war inzwischen auch ins unermessliche gestiegen (Haftpflicht zwischen 800 und 1000 DM im Jahr), lediglich Mokicks und bis etwa 1984 auch Leichtkrafträder konnten noch in grösseren Mengen abgesetzt werden, was ja auch zum Konkurs der Firmen Kreidler und Zündapp führte.

Danach wurden die Führerscheinbestimmungen noch mehrmals geändert, seit kurzem darf man mit Klasse 1b oder dem entsprechenden der EG - angegelichenen Führerschein bis 125 ccm fahren, wenn man unter 18 Jahren ist, maximal 80 km/h schnell. 
 

Kurzer Sprung in die ehemalige DDR : (zwar kein Kreidler - Markt, aber trotzdem interessant)

Mit 15 durfte in der DDR gefahren werden:
- Mit der Klasse M : Kleinkrafträder bis 50 ccm, ohne Geschwindigkeitsbegrenzung bzw. 60 km/h 
  (Beispiel : Simson Star, Schwalbe)
- ab 16 mit der Klasse A : Motorräder bis 150 ccm 
  (Beispiel: Sperber, MZ ES / TS / ETZ 150)
 

Nun aber zum Export :
Leider liegen mir die genauen Führerschein- und Zulassungsbestimmungen (noch) nicht vor, deswegen ein kurzer Abriss der Besonderheiten, soweit diese aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich sind.

Liebe Kreidler - Freundinnen und Freunde !

Wenn Ihr weiteres Material vorliegen habt, bitte, informiert mich (e-mail), damit wir dieses Material an dieser Stelle allen zugänglich machen können !
 

Ägypten (Egypt)

Angeblich sind aus der Kreidler - Konkursmasse 1981 grössere Mengen Kreidler Florett RS nach Ägypten "verramscht" worden (genau so wie etliche Trabbis aus den Restbeständen der IFA - Sachsenring 1990-92 dorthin geliefert wurden)
 

Belgien

Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h
Bilux - Scheinwerfer 15/15 W
Pedalantrieb, später Kickstarter

(Florett - Modelle 1968 und Moped MP 5 B, RMC Typ K 54/410)

Für Flandern, Brabant und Limburg gab es die Florett - Prospekte teilweise auch in holländischer Sprache.
 

Dänemark :

Dänemark hat nur eine kleine eigene Fahrzeugproduktion. Neben dem Import aus Schweden (Sachs - Motor) werden die Mopeds hauptsächlich aus Deutschland und Österreich importiert. Ende der 70er Jahre wurde der 50 ccm Markt in Dänemark vor allem von Kreidler, Puch und Yamaha beherrscht

Die Kreidler mit 6,25 PS galt in Dänemark als Motorrad.

Die "Knallert" Export - Modelle für Dänemark durften ab 15 Jahre gefahren werden und weisen folgende Besonderheiten auf :

Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h und 
0,8 PS, ab 1966: 1 PS
Vergaser mit 10 mm Durchlass
teilweise Kennzeichnung DK auf dem Typenschild
Bilux - Scheinwerfer 15/15 W, Schnarre
Pedalantrieb
ab 1966 wahlweise Kickstarter

Ab Mitte der  70er Jahre: 

1 Sitz

Ab Mai 1977:
Gewichtsbeschränkung auf max. 60 kg, Max. 2 Gänge. Restbestände durften abverkauft werden. Kreidler sperrte den ersten Gang, indem einfach das entsprechende Zahnrad weggelassen wurde.

(Florett K 54/32 DK, Moped MF 7 DK und MF 8 DK, RMC DK und Flory DK, Enduro: Geben-Kreidler Moto-Cross)
 

Frankreich

Nach Frankreich wurden zum Beispiel die RS - Modelle K 54/53 F geliefert, sie unterscheiden sich vor allem von der Inlands - Ausführung durch den gelben Scheinwerfer mit zusätzlichem Stadtlicht (4 W). Ausserdem in Frankreich: geschwindigkeitsbegrenzte Mopeds.
 

Griechenland

Mein griechischer Freund Michael erzählte mir, dass er selbst auf Kreta mehrere 50 ccm Fahrzeuge (vor allem Sachs) besessen hat und viel Spass am frisieren (tunen) hatte ...

in den Ersatzteillisten findet sich ein Moped 40 km/h
Bilux - Scheinwerfer 15/15 W
Pedalantrieb

(Moped MP 6 GR)
 

Grossbritannien

Genaue Informationen liegen mir noch nicht vor, es gibt aber diverse englische Prospekte. Im Buch von Frank Albert Illg ist ein Prototyp einer einsitzigen Florett Mustang Cross abgebildet, mit dem kleinen Mokick - Zylinder und Vergaser, Fusschaltung (4 oder 5 - Gang) und Pedalen.
 

Holland

Holland hat(te) mehrere eigene Hersteller und einen relativ grossen Markt für Mopeds, die dort sehr beliebt sind. 

In Holland wurde Kreidler durch Van Veen in Amsterdam importiert. Neben der RS, die in etwa dem Inlandsmodell entspricht weisen die geschwindigkeitsbeschränkten "Bromfietsen"  Export - Modelle z.B. folgende Besonderheiten auf :

Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h
2 PS
Vergaser mit 10 mm Durchlass
Pedalantrieb
19" Felgen / Bereifung
Ab etwa 1968 : 17" Felgen möglich
sehr kurze Sekundärübersetzung (10:36 und 11:36)
Bilux - Scheinwerfer 
(grosser Gepäckträger)
Fahrrad - Klingel
gelbes Kennzeichen vorn und weiss lackiertes Schutzblechende hinten
 

*** In Holland kam es durch den Pedalzwang zu der Kuriosität, dass auch die 4 - Gang Modelle mit Pedalen und Fusschaltung ausgeliefert wurden. Die Länge der Pedalarme war anscheinend nicht vorgeschrieben, sodass diese soweit wie möglich verkürzt wurden, damit waren sie im Fahrbetrieb ähnlich wie Fussrasten.

Seit einigen Jahren sind die Pedalen und das weiss lackierte Schutzblech in Holland nicht mehr Pflicht.

(Florett - Modelle, Moped MP 3 NL)

*** Danke an Willem van Zeijl für den 73-er Prospekt, ich werde ihn bald verarbeiten !)
 

Italien

Italien hat einen sehr grossen 50 ccm Markt und viele eigene Hersteller mit grossen Stückzahlen.

Über Italien - Export - Modelle liegen mir noch keine Informationen vor.
 

Luxemburg

Nach der Teileliste 1966 wurde hierher ein Mokick mit 3,6 PS exportiert, welches in etwa dem deutschen Typ K 54/3 entspricht (3,6 PS, 65 km/h, 3 - Gang Fusschaltung)
 

Neuseeland :-))) !

Neulich habe ich eine e-mail von Andreas aus Neuseeland bekommen, es gibt dort jetzt immerhin mindestens (s)eine Kreidler Florett RMC, die er aus Deutschland mitgenommen hat, als er ausgewandert ist. Das kann ich verstehen, ich glaube, von meiner Kreidler hätte ich mich auch nicht getrennt ;-)))
 

Österreich

Hier galten ähnliche Bestimmungen wie in Deutschland, ich habe in Österreich zwar nur wenige Kreidler gesehen, mehr Puch, KTM und Sachs, u.a. schnelle 50er Kleinkrafträder und Mopeds
 

Russland / UDSSR

Offizieller Import ist mir nicht bekannt.

Einer der wenigen, die mit Kreidler nach Russland fuhren, war Icke Jonas, der Mann mit dem "eisernen Hintern" bei seiner Tour nach Moskau 1959 / 60, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
 

Schweden

Die Export - Modelle für Schweden weisen folgende Besonderheiten auf :

Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h (40 km/h ???)
Vergaser mit 10 mm Durchlass
Kickstarter 
ab 1966: 1 Sitz

In Schweden war früher Rechtsverkehr, bei älteren Modellen Rückspiegel rechts, ggf. auch Meilentacho

(Florett - Modelle z.B K 54/32 S, RS- Schweden)
 

Schweiz

Ein grosser Exportmarkt für die Kreidler - Florett, aber die Schweiz hat sehr strenge Zulassungsbestimmungen, vor allem in Bezug auf das Geräuschverhalten von Kraftfahrzeugen. Weitere Besonderheiten : Wechselkennzeichen möglich, d.h. man hat nur einen Satz Nummernschilder und kann damit mehrere Fahrzeuge fahren, versichert und besteuert wird nur das leistungsstärkste Fahrzeug.

Die Export - Modelle für die Schweiz weisen folgende Besonderheiten auf :

-teilweise Geschwindigkeitsbeschränkung durch verplombten Gaszug nur bei den Florett - Modellen vor 1959

Die Ausführung "Motorrad" entspricht weitestgehend den Inlandsmodellen bzw, den allgemeinen Exportmodellen. Andere Farbvarianten sind möglich.

Die Ausführung "Kleinmotorrrad" mit Solositzbank ist auch mit dem PKW - Führerschein zu fahren. Ausstattung:
-1 Sitz und grosser Gepäckträger
- geringfügig andere Sekundärübersetzung (Bergsteigefähigkeit, Geräuschverhalten)
- Leistungssteigerung auf 5,2 PS und 5 - Gang anscheinend erst ab 1966

Ausserdem : Mofa 30 km/h mit 15/15 W Bilux - Scheinwerfer, teilweise mit Kickstarter, Fahrerlaubnis ab 14 Jahre

(z.B. Florett - Super K 54/41, K 54/51 GT, Florett RS K 54/53 CH und K 54/53/2 CH, Florett TM K 54/54 CH und K 54/54/1 CH, Mofa MF 11 CH, LH K 54/ 31 CH, RS K 54/511, Mustang K 54/513 und RS K 54/519)
 

Spanien

Im Buch von Frank Albert Illg sind Teile eines Prospektes von 1967 und von 1968 abgedruckt : "Ciclomotor" mit 3 - Gang Fusschaltung, ähnlich wie Mokick Inland, leider keine Leistungsangabe, aber wahrscheinlich 3,6 PS und 65 km/h , "Ciclomotor" 4-Gang, einfacher ausgestattet als GT (keine Kniekissen etc.), und Florett GT mit 5,2 PS (wie Inland)
 

Südafrika

Von etwa 1969 - 1985 hat Kreidler nach Südafrika exportiert. 

In Südafrika dürfen alle Kreidler Florett ab 16 gefahren werden. Dort sind 50 ccm Fahrzeuge führerscheinpflichtig und müssen zugelassen werden, egal ob es sich um Mopeds oder Kleinkrafträder handelt. Eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit gibt es nicht.

Es gab zu der Zeit 3 Händler:
- Autocycle - Center, Krugersdorp, Transvaal
- ACE Motors, Pretoria, Transvaal
- Mopeds and Cycles, Somerset West, Cape Province

(Danke an Casey für die Informationen)

USA 

". . . be smart, drive a Kreidler "

Das Florett im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ? In direkter Konkurrenz zu Harley - Davidson und Indian ? Nein, wohl eher zur Honda SS 50, die in grösseren Mengen in den USA verkauft wurden ..

Im Buch von Frank Albert Illg ist ein USA - Prospekt von 1966 abgedruckt : "Motorcycle" mit 3 - Gang Fusschaltung, ähnlich wie Mokick Inland aber mit grossem Tank 3,6 PS (4 SAE-HP) und 65 km/h , "Super TS"  mit 5,2 PS (6 SAE-HP), wie Inland

Pflichtausstattung : Meilentacho
 


 

Erstellt: 22.12.1999
Stand: 08.05.2005

Text: © Copyright 2000, 2001, 2002 ff. : Frank Stegemann